Lösung des Corona-Problems: von Wolfgang Wodarg
Panikmacher isolieren
Wir beobachten nicht die Krankheiten, sondern die Aktivität der nach ihnen suchenden Virologen.
Dem Corona-Hype liegt keine außergewöhnliche medizinische Gefahr zugrunde. Er
verursacht aber eine erhebliche Schädigung unserer Freiheits- und Persönlichkeitsrechte
durch leichtfertige und unberechtigte Quarantänemaßnahmen und Verbotsregelungen.
Die Bilder in den Medien sind beängstigend und den Verkehr in den Städten Chinas regelt
das Fieberthermometer. Der Karneval in Venedig wurde abgesagt, nachdem bei einem
älteren sterbenden Klinikpatient der Test positiv ausfiel. Als eine Handvoll Menschen in
Oberitalien auch positiv getestet waren, machte Österreich gleich vorübergehend den
Brenner-Pass dicht. Wegen eines Coronavirus-Verdachtsfalls dürfen über 1000 Menschen ihr
Hotel auf Teneriffa nicht verlassen. Auf dem Kreuzfahrtschiff Diamond Princess konnten
3700 Passagiere nicht von Bord. Anfang Februar wurden 126 Menschen aus Wuhan per
Flugzeug nach Deutschland gebracht und blieben dort kerngesund über zwei Wochen in
Quarantäne. Bei zwei der Gesunden wurden Coronaviren nachgewiesen.
Ähnliche Horrorszenarien gab es in den letzten zwei Jahrzehnten immer wieder. Doch die
„Schweinegrippe-Pandemie“ der WHO war in Wirklichkeit eine der mildesten Grippewellen
in der Geschichte und auf die „Vogelgrippe“ warten nicht nur die Zugvögel bis heute.
Wir messen derzeit nicht die Inzidenz von Coronavirus-Erkrankungen, sondern die Aktivität
der nach ihnen suchenden Spezialisten. Alle Institutionen, die uns jetzt wieder zur Vorsicht
alarmieren, haben uns schon mehrfach im Stich gelassen und versagt. Viel zu oft sind sie
institutionell durch Sekundärinteressen aus Wirtschaft und/oder Politik korrumpiert.
Wer nicht leichtfertigen Panik-Meldungen hinterherlaufen, sondern lieber das Risiko einer
sich ausbreitenden Infektion verantwortungsbewusst abschätzen möchte, muss sich solider
epidemiologischer Methodik bedienen. Dazu gehört, dass man das „Normale“, die Baseline
anschaut, bevor man von etwas Besonderem sprechen kann.
Bisher hat nämlich kaum jemand auf Coronaviren geachtet. So kommen sie z.B. in den
Berichten des Robert-Koch-Institutes (RKI) nur am Rande vor, weil es 2002 SARS in China gab
und weil seit 2012 in Arabien einige Übertragungen von Dromedaren auf Menschen
beobachtet wurden (MERS). Von einer regelmäßig wiederkehrenden Anwesenheit der
Coronaviren in Hunden, Katzen und Schweinen oder gar in Menschen auch in Deutschland
steht da nichts. Kinderkliniken wissen meistens aber sehr wohl, dass ein nicht unerheblicher
Teil der oft schwer verlaufenden Viruspneumonien auch bei uns regelmäßig durch
Coronaviren verursacht wird.
Angesichts der bekannten Tatsache, dass bei jeder "Grippe-Welle" auch immer 7-15% der
akuten Atemwegserkrankungen (ARE) auf das Konto von Coronaviren gehen, liegen die jetzt
laufend addierten Fallzahlen immer noch völlig im Normbereich.
Es sterben bei den allwinterlichen Infektionswellen auch immer etwa einer von je tausend
Erkrankten. Durch selektive Anwendung von Nachweisverfahren - zum Beispiel nur in
Kliniken und medizinischen Ambulanzen - lässt sich diese Rate natürlich leicht in
beängstigende Höhe treiben, denn jenen, die dort Hilfe brauchen, geht es meistens
schlechter als jenen, die sich zu Hause auskurieren.
Seit dem Jahreswechsel hat sich der Focus von Öffentlichkeit, Wissenschaft und
Gesundheitsbehörden plötzlich total verändert. Einigen Ärzten in Wuhan (12 Mio. Einw.)
gelang es, mit anfangs weniger als 50 Fällen und einzelnen in ihrer Klinik Verstorbenen, bei
denen sie Coronaviren als Erreger nachgewiesen hatten, weltweite Aufmerksamkeit zu
erregen. Die farbigen Landkarten, die uns jetzt auf Papier oder Bildschirmen gezeigt werden,
sind eindrucksvoll, haben aber mit Krankheit zumeist weniger zu tun als mit der Aktivität von
tüchtigen Virologen und Scharen von sensationslüsternen Berichterstattern.
Dort, wo solche Tests durchgeführt wurden - es standen in ganz Europa am 13.Februar 2020
knapp 9000 Tests pro Woche in 38 Labors zur Verfügung - wurde man bisher fast immer bald
fündig und jeder Fall wird zu einem sich selbst aufschaukelnden Medienereignis.
Allein dadurch, dass bei der Entdeckung einer Coronavirus-Infektion in deren Umgebung
besonders intensiv gesucht wird, lassen sich viele regionale Häufungen bereits erklären.
Die Horrormeldungen aus Wuhan waren etwas, worauf Virologen in aller Welt auf der Lauer
liegen. Sogleich wurden die in den Kühlschränken vorhandenen Virusstämme gescannt und
mit den gemeldeten Neulingen aus Wuhan fieberhaft verglichen. Ein Labor an der Charité
gewann das Wettrennen bei der WHO und durfte seine Inhouse-Tests weltweit zu einem
Mehrfachen des üblichen Preises vermarkten.
Man sollte sich jedoch lieber nicht für 200 Euro auf Coronaviren untersuchen lassen. Selbst
bei einem nur leichten „grippalen“ Infekt besteht nach mehrjährigen prospektiven
Untersuchungen in Schottland (von 2005 bis 2013) ein 7% - 15% Risiko, dass Coronaviren
nachgewiesen werden. Ein Nachweis von Coronaviren hätte für den Alltag der Untersuchten
und ihre weitere Umgebung derzeit ernste Folgen, wie man allen Medien ohne langes
Suchen entnehmen kann.
Der Befund selbst ist allerdings ohne klinische Bedeutung. Es ist lediglich einer von mehreren
Namen für die akuten Atemwegserkrankungen (ARE), die in jedem Winter bei uns 20% bis
40% aller Menschen vorübergehend mehr oder weniger außer Gefecht setzen.
Die häufigsten Erreger akuter Atemwegserkrankungen waren nach einer guten Studie aus
Schottland: 1.Rhinoviren, 2. Influenza A Viren, 3. Influenza B Viren, 4. RS Viren und 5.
Coronaviren. Diese Reihenfolge wechselte dabei von Jahr zu Jahr etwas. Auch bei Viren in
Konkurrenz um unsere Schleimhautzellen gibt es offenbar ein wechselndes Quorum, wie wir
es aus unserem Darm bei den Mikroorganismen und aus dem Bundestag bei den Parteien
kennen.
Wenn es also jetzt eine zunehmende Zahl von "nachgewiesenen“ Coronavirus-Infektionen in
China oder in Italien geben soll: Kann denn jemand sagen, wie oft in den vorangegangenen
Wintern solche Untersuchungen überhaupt gemacht wurden, bei wem, aus welchem Anlass
und mit welchen Ergebnissen? Wenn man behauptet, etwas werde mehr, muss man sich ja
wohl auf etwas beziehen, was man vorher beobachtet hat.
Es kann schon fassungslos machen, wenn man als routinierter Seuchenwächter sich das
derzeitige Getümmel, die Panik und das dadurch erzeugte Leid anschaut. So wird es sicher
vielen Verantwortlichen gehen, die heute wie damals bei der „Schweinegrippe“ vermutlich
ihren Job riskieren würden, wenn sie sich dem Mainstream entgegenstellen.
Wir haben jeden Winter eine Virus-Epidemie mit Tausenden von Todesfällen und mit
Millionen Infizierten auch in Deutschland. Und immer haben Coronaviren ihren Anteil daran.
Falls die Bundesregierung also etwas Gutes tun will, dann kann sie es doch so wie die
Epidemiologen in Glasgow machen und die klugen Köpfe im RKI prospektiv (!!!) beobachten
lassen und nachschauen, wie sich das Virom der deutschen Bevölkerung im Winter von Jahr
zu Jahr wandelt.
Politik muss auch dafür sorgen, dass vertrauenswürdiges wissenschaftliches Arbeiten im
Robert-Koch-Institut, im Paul-Ehrlich-Institut und in anderen Ämtern wieder leichter wird.
Wissenschaftlich arbeiten heißt eben nicht, der Politik oder der Wirtschaft nach dem Munde
zu reden. Wissenschaft ist vertrauenswürdig, wenn sie mit transparenten Methoden
professionell und konsequent angebliches Wissen immer und jederzeit in Frage stellt. Auch
wenn das manchmal aufwendig ist, so kann es uns manchen teuren gesundheitlichen Irrweg
ersparen, den uns interessengetriebene Grippewächter weismachen wollen.
Und für den Einzelnen gilt: Wer nur wegen eines positiven Coronavirus PCR-Tests
Quarantänemaßnahmen ausgesetzt wird und finanzielle Schäden erleidet, hat u.U. nach §56
des Infektionsschutzgesetzes Anspruch auf Entschädigung. Aber auch gegen einen
unsinnigen Freiheitsentzug sollte man sich zur Wehr setzen.
Über den Autor:
Dr. med.Wolfgang Wodarg, geb.1947, ist Internist und Lungenarzt, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin
sowie für öffentliches Gesundheitswesen und Sozialmedizin. Nach seiner klinischen Tätigkeit als Internist war er
u.a. 13 Jahre Amtsarzt in Schleswig-Holstein, gleichzeitig Lehrbeauftragter an Universitäten und
Fachhochschulen und Vorsitzender des Fachausschusses für gesundheitlichen Umweltschutz bei der
Ärztekammer Schleswig-Holstein; 1991 erhielt er ein Stipendium an der Johns Hopkins University
/Baltimore/USA (Epidemiologie)
Als Mitglied des Deutschen Bundestages von 1994 bis 2009 war er Initiator und Sprecher in der Enquête-
Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin", Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des
Europarates, dort Vorsitzender des Unterausschusses Gesundheit und stellv.Vors. des Ausschusses für Kultur,
Bildung und Wissenschaft. 2009 initiierte er in Straßburg den Untersuchungsausschuss zur Rolle der WHO bei
der H1N1 (Schweinegrippe) und war dort nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament als wissenschaftlicher
Experte weiter beteiligt. Seit 2011 ist er als freier Hochschullehrer, Arzt und Gesundheitswissenschaftler und
ehrenamtlich als Vorstandsmitglied und AG Leiter (Gesundheit) bei Transparency International Deutschland
engagiert.
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